Zur Bundestagswahl im Februar 2025 haben wir allen Kandidatinnen und Kandidaten Mülheims drei Fragen des Deutschen Bahnkundenverbandes zugestellt; hier sind die Antworten (Reihenfolge: Eingang bei tramVia):

 

 

Ein herzlichen Dank für die Antworten!

 

 

Bisheriger Eingang:

- Freie Wähler 

- Die Linke

- Bündnis90/Grüne

- SPD

- CDU

 

 

 

 

I. Maximilian Eitner, Freie Wähler


1. Finanzierung des ÖPNV-Angebots: Wie soll das bestehende Angebot gesichert und möglichst auch ausgebaut werden?

Der öffentliche Nahverkehr im Ruhrgebiet benötigt dringend eine langfristige, auskömmliche Finanzierung, die nicht allein auf Ticketpreisen und Zuschüssen basiert. Ich setze mich für folgende Maßnahmen ein:


Die Gründung einer Verkehrsgenossenschaft Ruhrgebiet, die Planung, Bau und Betrieb aus einer Hand organisiert und durch gemeinsame Verantwortung von Städten, Unternehmen und Gewerkschaften getragen wird. Dieses Modell könnte Ineffizienzen abbauen und für eine faire und nachhaltige Finanzierung sorgen.
Die Einführung eines einheitlichen Nahverkehrsplans, der Netzlücken schließt und durch abgestimmte Fahrpläne ein attraktiveres Angebot schafft.
Gezielte Investitionen in moderne Fahrzeuge und die Digitalisierung des Nahverkehrs, um den Betrieb effizienter und kostengünstiger zu gestalten.

 

 

2. Personal-/Fachkräftemangel: Welche Maßnahmen sollen den bestehenden und sich verschärfenden Personalmangel entgegengesetzt werden?

Der Fachkräftemangel ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit und dementsprechend auch für den ÖPNV. Um ihn zu bewältigen, schlage ich vor:


Verbesserung der Arbeitsbedingungen durch tarifliche Sicherheit der Verkehrsgenossenschaft, familienfreundliche Arbeitsbedingungen und Gesundheitsförderung.
Ausbau von Ausbildungsinitiativen und Stipendienprogrammen, um den Berufseinstieg zu fördern.
Aktive Ansprache neuer Zielgruppen durch Diversitätsprogramme, die den ÖPNV-Beruf attraktiver machen.
Investitionen in die Attraktivität des Arbeitsplatzes durch Schulungszentren, moderne Ausrüstung, Employee Benefits und ein wertschätzendes Arbeitsklima.

 

 

3. ÖPNV braucht ein positives Image in der Stadtgesellschaft: Welche Ideen gibt es?

Ein positives Image entsteht durch Zuverlässigkeit, Transparenz und bürgernahe Kommunikation. Konkrete Maßnahmen:


Einführung von Bürgerforen und Workshops, wie sie TramVia bereits erfolgreich initiiert hat, um direkte Rückmeldungen aus der Bevölkerung zu erhalten und zu berücksichtigen.
Öffentlichkeitskampagnen, die den Umwelt- und Klimaschutzbeitrag des ÖPNV hervorheben.
Verbesserungen in der Infrastruktur, durch Echtzeitinformationen und moderne Fahrzeuge, die den Komfort und die Verlässlichkeit für die Fahrgäste erhöhen.
Dabei sehe ich den Gedanken der Verkehrsgenossenschaft Ruhrgebiet als Schlüssel zu einem zukunftsfähigen und sozial gerechten ÖPNV. Mit dieser Struktur könnten wir nicht nur Kosten einsparen, sondern auch die Qualität und Attraktivität des Nahverkehrs nachhaltig steigern.


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II. Andreas Johren, Die Linke



1. Finanzierung des ÖPNV-Angebots: Wie soll das bestehende Angebot gesichert und möglichst auch ausgebaut werden? Ist eine auskömmliche und langfristige Finanzierung sichergestellt?

Die Kommunen können den ÖPNV nicht allein stemmen. Darüber hinaus dient der ÖPNV in der Regel nicht nur einer Kommune, sondern eben auch der durchgängigen Verbindung von Städten möglichst ohne unnötige Umstiege an den Stadtgrenzen. Entweder man beteiligt die Kommunen an weiteren Gemeinsteuern des Landes oder aber man erklärt den ÖPNV (zumindest finanziell) zu einer Landesaufgabe. Hauptfinanzierungsgrundlage der Linken ist eine gerechtere Steuerpolitik durch die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer, die korrekte Einnahme der Erbschaftssteuer, Übergewinnsteuer etc.

Synergieeffekte, Beendigung von Doppelstrukturen könnte man durch weitere ‚Zusammenlegungen‘ erreichen: Ruhrbahn Mülheim + Ruhrbahn Essen + DVG + StOAG + BOGESTRA etc. Verschiedene Rechtsformen machen dies zunächst schwierig, aber ja nicht unlösbar. Im Sinne der Kunden muss daran gearbeitet werden.

Auch eine stärkere Beteiligung von Unternehmen (auch Wohnungsunternehmen), die direkte Nutznießer sind, wäre denkbar.


2. Personal-/Fachkräftemangel: Welche Maßnahmen sollen den bereits bestehenden und sich in den nächsten Jahren verschärfenden Personalmangel entgegengesetzt werden?

Zumindest für Mülheim konnte ich beobachten, dass mittlerweile die Fahrerlaubnis nicht mehr mitgebracht werden muss, sondern auch bei der Ruhrbahn erworben werden kann. Ein guter Schritt. Darüber hinaus wären möglicherweise aber auch die Einstellungskriterien zu überdenken und der Beruf muss wieder attraktiver werden, insbesondere durch zusätzliche Erholungszeiten, kostenloses Familienticket, verpflichtende und bezahlte Deutschkurse für Migranten, ohne die m. E. der Personalmangel noch größer wäre.


3. ÖPNV braucht ein positives Image in der Stadtgesellschaft: Welche Ideen gibt es?

Das 9-Euro-Ticket natürlich – perspektivisch ein 0-Euro-Ticket. Angsträume müssen beseitigt werden, Mobilstationen sollten langfristig der Regelfall sein, die Sicherheit an Bahnsteigen und in Fahrzeugen müsste verbessert werden. Die Takte müssen erhöht werden. Allein wegen der permanenten Ausfälle wäre es speziell in Mülheim an der Ruhr erforderlich, dass digitale Abfahrtsanzeigen die Regel wären (in anderen Städten sind sie das auf vielen Linien bereits) Der Bus oder die Bahn kann aus unterschiedlichsten Gründen mal Verspätung haben, dafür hat jeder Verständnis, wenn aber einfach mal gar keine Information erfolgt, weil ich an einer 'analogen' Haltestelle stehe, die App nix anzeigt, die Hotline auch nicht zu erreichen ist, werde ich schlicht und ergreifend sauer. Schön wäre auch, wenn den Kontrolleuren ein wenig Menschenkenntnis zugetraut würde und nicht jeder Fahrgast mit falschem Tarif sofort bewusstes Schwarzfahren unterstellt würde, sondern der Kontrolleur vor Ort entscheiden könnte.

 

 

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III. Björn Maue, Bündnis 90/ Grüne

 

 

1. Finanzierung des ÖPNV-Angebots: Wie soll das bestehende Angebot gesichert und möglichst auch ausgebaut werden? Ist eine auskömmliche und langfristige Finanzierung sichergestellt?
 
Das Ruhrgebiet kommt bei der Verteilung der Regionalisierugsmitteln bislang zu schlecht weg. Hier muss was passieren. Vor Ort wird der ÖPNV - die Schiene im Besonderen - schnell zum Gegenstand möglicher Einsparüberlegungen. In Mülheim haben wir uns mit aller Kraft gegen einen Kahlschlag gewehrt, und die verbliebenen Einsparungen im Nahverkehrsplan möglichst intelligent verarbeitet. Nichtsdestotrotz wird das ÖPNV-Angebot zu oft als Nice-to-have betrachtet. Dabei sind es grade die Menschen, die aus verschiedensten Gründen darauf angewiesen sind, die unterm Strich unter diesen Einsparungen leiden. Das muss ein Ende haben!
 
 
2. Personal-/Fachkräftemangel: Welche Maßnahmen sollen den bereits bestehenden und sich in den nächsten Jahren verschärfenden Personalmangel entgegengesetzt werden?
 
Wir müssen mehr Menschen, insbesondere junge Menschen, in Ausbildung bringen. Die Weiterentwicklung des Aus- und Weiterbildungsgesetzes hinzu einer noch stärkeren Förderung der betrieblichen Ausbildung ist mein Ziel. Davon profitieren auch Nahverkehrsunternehmen. Darüber hinaus müssen wir uns die Frage stellen, warum eine Ausbildung oft nicht die erste Wahl ist. Gesellschaftlich wurde eine Stimmung geschaffen, die die Berufsausbildung als Bildung zweiter Klasse begreift. Das darf nicht sein und hat wenig mit Wertschätzung zu tun.
 
 
3. ÖPNV braucht ein positives Image in der Stadtgesellschaft: Welche Ideen gibt es?
 
- Haltestellen müssen barrierearm sein.
 
- Das bestehende Angebot muss zuverlässig funktionieren. Verlassen ich mich auf den Bus, dann sollte er auch kommen!
 
- Das Angebot wird insbesondere auf hochfrequentierten Strecken gestärkt.
 
 
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IV. Sebastian Fiedler, SPD
 
 
1. Finanzierung des ÖPNV-Angebots: Wie soll das bestehende Angebot gesichert und möglichst auch ausgebaut werden? Ist eine auskömmliche und langfristige Finanzierung sichergestellt?
 
Die aktuelle Finanzierung mag genügen, um den Status quo zu halten, ist aber nicht nachhaltig, weil ein deutlich erweitertes Angebot das Ziel sein muss. Nur wenn es gelingt durch einen attraktiven ÖPNV den motorisierten Individualverkehr zurückzudrängen, werden wir die Klimaziele im Verkehrssektor erreichen. Für den ÖPNV sind die Kommunen zuständig, für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) die Länder. Beide Gebietskörperschaftebenen operieren an ihren finanziellen Grenzen. Der Bund hat die Regionalisierungsmittel (SPNV) deutlich erhöht, die Absicherung des Deutschland-Tickets ist mittelfristig gewährleistet. Doch die Anstrengungen müssen gesteigert werden, und zwar auf allen Staatsebenen. ÖPNV ist Daseinsvorsoge und Klimaschutz. Das muss die Leitidee sein. 
 

2. Personal-/Fachkräftemangel: Welche Maßnahmen sollen den bereits bestehenden und sich in den nächsten Jahren verschärfenden Personalmangel entgegengesetzt werden?
 
Der Fachkräftemangel ist ein überwölbendes Thema und trifft nicht nur die ÖPNV-Betriebe. Bis 2030 werden laut VDV rund 80.000 Mitarbeitende bei den Öffentlichen Verkehrsbetrieben in Rente gehen.
Um dies zu kompensieren sind gute strukturelle Rahmenbedingungen von Nöten. Hierzu werden wir unseren Weg der Ausbildungsgarantie fortsetzen und durch eine frühere Berufsorientierung in den Schulen in enger Abstimmung mit der Bundesagentur für Arbeit die Ausbildung fördern. Darüber hinaus werden wir unter anderem Weiterbildung zusätzlich fördern, Fachkräfteeinwanderung sowie den Job-Turbo fortsetzen und ausweiten und eine deutlich transparentere und vereinfachte Anerkennung von im Ausland erworbenen Abschlüssen und Qualifikationen ermöglichen. Denn nur, wenn wir berufsbildende Maßnahmen, Weiter- und Fortbildungen sowie qualifizierte Fachkräfteeinwanderung zusammendenken, können wir den Fachkräftemangel nachhaltig bekämpfen.
Darüber hinaus werden wir die verpflichtende Personalübernahme für alle Beschäftigten beim Betreiberwechsel im Nah- und Regionalverkehr gesetzlich festschreiben. Auch die Pflicht zur Tariftreue in Vergabeverfahren werden wir durchsetzen.
 
 
3. ÖPNV braucht ein positives Image in der Stadtgesellschaft: Welche Ideen gibt es?
 
Das Image des ÖPNV ist immer so gut wie sein Angebot. Damit es als positiv wahrgenommen wird, müssen die Taktungen stimmen, die Übergänge passen, die Fahrzeuge modern und ansprechend sein und das Ticketing einfach. Der Flickenteppich der Verkehrsverbünde bedarf Überarbeitung, die Barrierefreiheit in einer immer älter werdenden Gesellschaft sowie die Digitaloffensive für mehr Mobilität müssen gestärkt werden.
Eines ist noch sehr wichtig: Die Menschen müssen sich im ÖPNV sicher fühlen und natürlich auch sicher sein. Die Sicherheit in Fahrzeugen, an (Bus-)Bahnhöfen und im Umfeld von Bahnhöfen spielen eine große Rolle. Dazu gehören für mich u. a. entsprechende Lichtprofile und sichtbares Sicherheitspersonal.
Die ÖPNV-Unternehmen, bei uns die Ruhrbahn, arbeiten an allen Punkten. Auch hier gilt: Es gibt nicht die eine Idee, sondern nur den mühsamen, aber kontinuierlichen Prozess der stetigen Qualitätsverbesserung. Qualität ist nicht zum Nulltarif zu haben. In den öffentlichen Haushalten muss dem Rechnung getragen werden.
 
 
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 V. Astrid Timmermann-Fechter, CDU

 
 
1. Finanzierung des ÖPNV-Angebots: Wie soll das bestehende Angebot gesichert und möglichst auch ausgebaut werden? Ist eine auskömmliche und langfristige Finanzierung sichergestellt?
 
Ein bedarfsgerechter und zukunftsfester öffentlicher Nahverkehr mit einer zuverlässigen und robusten Infrastruktur und einem attraktiven Angebot ist von entscheidender Bedeutung. Doch die Herausforderungen der ÖPNV-Unternehmen sind erheblich. Für die kontinuierliche Erneuerung der Infrastruktur, die Sicherung des Personalbestandes und die Verbesserung des Angebotes in Quantität und Qualität sind beträchtliche Finanzmittel notwendig und weitere Kostensteigerungen sind dabei absehbar.  
Hinzu kommt die Aufgabe der Umstellung auf emissionsfreie Busse, die durch die Kürzungen bei der Förderung von E-Bussen durch die „Ampelfraktionen“ weiter erschwert wurde.
Trotz dieser Herausforderungen muss eine auskömmliche Finanzierung gesichert und hierbei eine neue Transparenz geschaffen werden.
Nicht zuletzt kann durch eine Attraktivierung des Angebots in Quantität und Qualität dazu beigetragen werden, neue Kundinnen und Kunden für die Nutzung des ÖPNV zu gewinnen und so zusätzliche Einnahmen zu generieren.
 
 
 
2. Personal-/Fachkräftemangel: Welche Maßnahmen sollen den bereits bestehenden und sich in den nächsten Jahren verschärfenden Personalmangel entgegengesetzt werden?
 
Der Fachkräftemangel bremst bereits heute unsere Unternehmen und droht, sich aus demografischen Gründen weiter zu verschärfen. Notwendig ist daher eine umfassende Fachkräfteoffensive. Es müssen gezielt Anreize gesetzt werden, berufliche Qualifikationen zu erwerben. Durch die Verbesserung der Rahmenbedingungen von Vollzeit oder vollzeitnaher Arbeit und den Abbau bestehender Hürden können zudem bei Teilzeitkräften vorhandene Potenziale gewonnen werden.
Die Vernetzung und Kooperation mit Jobcentern und Arbeitsagenturen kann helfen, gezielt Personal zu gewinnen.
Konkret vor Ort muss weiter mit internen Maßnahmen durch das Unternehmen unterstützend daran gearbeitet werden, die Ruhrbahn als Arbeitgeber noch attraktiver zu machen.
Zudem müssen Anreize für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesetzt werden, dauerhaft im Unternehmen zu bleiben - bei Interesse auch über das eigentliche Ruhestandsalter hinaus.
 
 
 
3. ÖPNV braucht ein positives Image in der Stadtgesellschaft: Welche Ideen gibt es?
 
Das Image des ÖPNV hängt insbesondere mit den eigenen Erfahrungen zusammen. Wichtig ist daher, dass die Kundinnen und Kunden pünktlich in sauberen Bussen und Bahnen an ihr Ziel gelangen und sich dabei wohl und sicher fühlen. Insoweit sollte ständig daran gearbeitet werden, Verspätungen oder Ausfälle zu minimieren und die Sauberkeit in den Fahrzeugen zu verbessern. Die Sicherheit und das subjektive Sicherheitsgefühl der Nutzerinnen und Nutzer ist sowohl in den Fahrzeugen als auch an den Haltestellen von entscheidender Bedeutung.
Unterstützend sollten Angebote, wie z.B. kostenloses WLAN in den öffentlichen Verkehrsmitteln ausgebaut werden.